In einer Woche ist es schon so weit und wir freuen uns, euch den nächsten Impulsgeber von Unsere Stadt.Dein Projekt – Gemeinsam HannoverMachen vorstellen zu dürfen.
Stephanie Haury
Stephanie arbeitet beim Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung und ist dort für das ExWoSt-Forschungsprojekt „Jugendliche im Stadtquartier“ zuständig. Ein Bezug zu Hannover hat Stephanie bereits, da sie das Platzprojekt als Jugend.Stadt.Labor begleitet hat.
Junge Menschen als kreative Stadtmacher
Jugendliche sind eine soziale Gruppe, die als Nutzer des Stadtraums zwar sehr präsent ist, dort zumeist aber als Störer angesehen wird. Sie nutzen die Stadt als Spiel-, Erlebnis- und Aufenthaltsraum, als Ort für Bewegung, Begegnung und für das öffentliche Ausleben ihrer spezifischen (Jugend-)Kultur. Aufgrund des Mangels an adäquaten Flächen und der im öffentlichen Raum bestehenden Restriktionen begeben sich Jugendliche auf Raumsuche. Und sie suchen sich vor allem Orte außerhalb herkömmlicher Nutzungsinteressen: Nischen, Resträume, Transitorte und Brachflächen, die dann häufig quer zu den ursprünglich von Erwachsenen definierten Funktionen uminterpretiert und umgenutzt werden. Bei deren Aneignung gehen sie entgegen aller Regeln und Standards vor, die spielerische Aneignung dieser Flächen lässt sie zu Raumpionieren werden. Solche kreativen Umnutzungen können zu Entwicklungsimpulsen für Quartiere werden und neues Leben in verlassene Orte bringen. Um solche Prozesse zu ermöglichen sind Städte und Gemeinden dazu aufgerufen, die Nutzung und Umgestaltung von Flächen durch Jugendliche zuzulassen und offene Räume vorzuhalten. Dies erfordert von Politik und Verwaltung ein Erkennen und Unterstützen jugendlicher Initiativen als produktives Element der Stadtentwicklung und ein Schaffen der notwendigen Spielräume, damit Jugendliche selbständig aktiv werden können.
Da dies gängigen Beteiligungsformaten nicht entspricht müssen neue Methoden ausfindig gemacht werden, damit auch Jugendliche zur Gestaltung ihrer Städte einen Beitrag leisten können. Wege zur Umsetzung dieses neuartigen Verständnisses werden darum im ExWoSt-Forschungsprojekt „Jugendliche im Stadtquartier“ erprobt, mit denen junge Menschen zu Akteuren der Stadtentwicklung werden können. In bislang rund 50 Modellvorhaben und bei der Erprobung von Jugendfonds zeigt sich, dass sie über konkrete Projekte durchaus Interesse und Engagement für Stadt und Stadtplanung entwickeln. Sie wollen selbständig Treffpunkte gestalten, urbane Landwirtschaft betreiben und Kulturveranstaltungen organisieren. Doch die Kommunikationsangebote der Kommune werden für sie nur dann attraktiv, wenn das Thema Bezug zu ihren Alltagsproblemen hat, wenn es der wahrgenommenen Rangordnung der Probleme entspricht und wenn das eigene Engagement auch greifbare Wirkungen erwarten lässt. Das Instrument Jugendfonds setzt genau an den konkreten Interessen und Bedürfnissen der Jugendlichen an, bindet ihre kreativen Potenziale ein, baut auf Eigenverantwortung und führt zeitnah zu sicht- und nutzbaren Ergebnissen. Außerdem ermöglicht es das Fondsmodell, dass junge Menschen demokratische Aushandlungsprozesse und Eigenverantwortlichkeit unmittelbar in der praktischen Anwendung erfahren können. Von Politik und Verwaltung erfordert der Jugendfonds ein vernetztes Denken und Handeln und die notwendigen Spielräume. Dies ist im Normalfall städtischer Planungen oft nicht so, denn Verwaltung zergliedert komplexe Probleme in handhabbare Sachbereiche, Zuständigkeiten, Entscheidungsebenen und -verfahren. Die Alltagsfragen der Jugendlichen (und vieler anderer Bevölkerungsgruppen) liegen quer zu dieser Sichtweise.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Beteiligung von Jugendlichen dann besonders erfolgreich ist, wenn durch Verwaltungen offene Räume gesichert und deren Nutzung durch Jugendliche zugelassen wird. Dies muss einher gehen mit einer Übertragung von Verantwortung und Gestaltungsfreiheit. Jugendbeteiligung wird so zu einem Lernfeld, in dem Anforderungen und Möglichkeiten von partizipatorischen Prozessen besonders deutlich werden – weit über die Beteiligung an Planungsverfahren hinaus.